Der Albaner an sich ist ein treuer Mercedes-Fahrer. In der Tat habe ich nirgends eine so hohe Mercedes-Dichte gesehen wie in Tirana. Bestätigt sich da ein Vorurteil? Fette schwarze Geländewagen - ML Klasse - zuhauf, besetzt mit kräftigen Männern mit Sonnenbrille. Und mit den alten Mercedes Diesel kann man wahrscheinlich den Rhein zuschütten. Da fragt man sich, wie es die Albaner schaffen, eine so hohe Mercedes-Dichte zusammen zu bekommen....
Vor Abreise habe ich mich aufs Schlimmste gefasst gemacht, und meine Wertsachen da am Körper versteckt, wo mir niemand unbemerkt hingreift. Ist eben so: wenn ein gedanklich Land nicht gerade positiv besetzt ist, geht man erst man defensiv vor.
Sicher, trinkgeld-affin sind sie hier alle, aber auch sowas von freundlich und hilfsbereit. Anstelle Not und Elend, wie in Tirana vermutet, so viele Cafés, Bars, sehr trendy zudem. Hübsche Mädels überall, sonnenbebrillt, knapp angezogen, scheinen sie den Tag im Straßencafé im Chill-Out zu verbringen.
Albanien war in meinem Gedächtnis als Feindesland verankert, Gruß an Enver Hodscha, welcher Albanien jahrzehntelang von der Außenwelt abschottete. Wie Pestbeulen übers Land verteilt sieht man heute noch die kuppelförmigen Bunker, anscheinend unzerstörbar, gebaut zur Abwehr des Klassenfeindes.
Vorurteil ist ein geistiges Gefängnis, welches man sich selbst baut und sich bequem darin einrichtet. Denken strengt eben an, da muss man Hürden überwinden, und manchmal wohl auch Angst.
Deren erlebte Freundlichkeit hat in mir einen tieferen Eindruck überlassen als der anfängliche Verdacht zur Herkunft so vieler Mercedes in einem so armen Land. Gerade in Ländern, welche sich über viele Jahre isolierten, welche von Diktatoren regiert wurden oder werden, gerade dort habe ich eine überwältigende Gastfreundschaft erlebt.
