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Wolfgang Fobo

Winter in China


Wenn man im Januar nach China reist, muss man auf Überraschungen vorbereitet sein. Die Flughäfen sind auf Wetterkapriolen nicht vorbereitet, und wenn es einmal schneit, wo es normalerweise nicht schneit, kommt alles durcheinander, und man sitzt stundenlang in Flughäfen rum und wartet, bis es weitergeht. Das passiert zum Beispiel, wenn man nach Chongqing will oder von da wieder weg. Eine Geduldsübung.

China bei Matschwetter ist eine Erfahrung für sich. In Wuhan wissen die Chinesen offensichtlich mit Schnee nichts anzufangen, Heizung haben sie üblicherweise nicht, die Landstraße zur Baustelle des zweiten Projektes ist gesperrt – wegen Schnee. Das soll hier der schlimmste Schneefall seit 50 Jahren sein – immerhin ganze 5 cm in Wuhan. Mein Taxifahrer heizte dennoch zum Flughafen, als gäbe es keinen Schnee. Aus Nanjing höre ich, dass die Straßenverwaltung die Autobahnen wegen Schneefall kurzerhand sperrte. Das machen die immer bei ungewöhnlichem Wetter, und dazu zählt schon dichter Nebel. Dann kann man schon einmal einen halben Tag im Auto sitzen, um sich bis ins Werk nach Luhe durchzuschlagen. Umso dringlicher ist die Regel Nr.1 zu beachten, wenn man ins Auto steigt: Blase und Darm müssen in entspanntem Zustand sein.

In Hunan, wo man eigentlich immer angenehmes Klima vorfindet, erwarteten mich –3°C. Chaos auf den Straßen, Autobahnen gesperrt, denn es hatte einen halben cm geschneit. Aber echt schlimm ist das Glatteis. Die Hotels überbucht, denn mangels Heizung ziehen die wohlhabenderen Leute ins Hotel.

Die Fahrt zum Flughafen in der Früh auf eisglatter Fahrbahn, vorbei an LKWs und Taxis, die im Straßengraben gelandet sind. Die Schnellstraße war gesperrt, so blieb nur die Landstraße. Ein Wunder, dass ich angekommen bin. Hat aber nichts geholfen, der Flughafen war geschlossen, ich durfte 5 Stunden warten und verpasste meinen Anschlussflug nachhause.

Warten und kalte Füße, das ist China im Januar 2008. Und eine weitere eiserne Regel, wenn man im Winter in China unterwegs ist, sind lange Unterhosen. Unbedingt! Denn viele Gebäude werden einfach nicht beheizt. Mein General Manager lud mich einmal nach sich zuhause ein. Aha, dachte ich, da muss ich nicht so vorsichtig sein. Unser Büro hat Heizung, der zuhause sicher auch, und so kann ich heute auf die üblichen Vorsichtsmaßnahmen verzichten. Denkste. Dort angekommen, zog er nicht einmal seine Überjacke aus, und in der Wohnung hatte es vielleicht 5 Grad. Bibber. Bis ich ihn beim Abendessen darum bat, ob er ausnahmsweise nicht vielleicht doch einmal die Heizung einschalten könne. Was er dann auch machte. Ich fragte ihn dann noch, bei welchen Temperaturen er denn die Heizung einschalte. Wenn es so kalt werden würde, dass das Wasser in den Leitungen einfriert, meinte er. Also nochmals der Aufruf an alle China-Reisenden im Winter: lange Unterhosen! Zu denen haben die Chinesen übrigens ein überaus entspanntes Verhältnis. Die schauen dann oft unten aus der Hose raus. Bei den besseren Herrschaften sieht man seidene herausgucken, üblicherweise tun es wollene. Die man dann auch je nach Temperatur in mehreren Lagen übereinander trägt. Bis hinein in den Frühling.


Der chinesische Winter fördert noch eine andere Eigenheit der Chinesen zutage, die ich eigentlich schon im Verschwinden begriffen glaubte. Überall rotzt und spuckt es, mit einer Leidenschaft, sodass man annehmen muss, es entstehe ein Lustgewinn. „Flarr“, macht es in die Spucktüte meines Nachbars im Flieger, während ich mich am Flugzeugfraß versuche.

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