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  • Wolfgang Fobo

Hühnerkrallen und andere Mutproben

Aktualisiert: 13. Nov. 2019


Es ist wieder mal an der Zeit, zu berichten. Ich hatte die Fußhäute von Enten serviert bekommen. Knorpeliges Zeugs, mal wieder was zum ausspucken. Nichts dran. Daraufhin mit den Chinesen philosophiert, warum die denn so komisches Zeugs essen.

Chinesen essen grundsätzlich alle sich bewegenden Teile gerne. Die seien besonders gut durchblutet, heißt es, und so würden sie besonders schmecken. Dazu zählen auch die Hühnerkrallen, die ich bis heute nicht hinunterbekomme, so grauslich sieht das aus. Oder Kuhschwanz, oder Schweinefuß. Beim Fisch vor allem der Kopf und wenn der Schwanz groß genug ist, auch der Schwanz. Und dieses besonders gut durchblutete Fleisch hängt immer am Knochen, Knorpel, oder Gräte. Muss so sein, heißt es. Deswegen auch die Spuckerei am Tisch. Das stört mich schon lange nicht mehr, mache auch mit. Nur die Hühnerfüße, igitt.


Ein anders Mal sollte ich in Kontakt mit gebratenen Hühnerkrallen kommen. Die gab’s in unserer Mitarbeiterkantine. Vertilgen die klaglos. Brrr. Das Budget für das Mittagessen liegt übrigens bei 50 Cent je Mitarbeiter und Tag. Und davon müssen auch noch die Köche leben. Als der Koch mein Gesicht gesehen hatte, merkte er wohl, dass diese Hühnerkrallen nicht mein Ding sind. Kam dann mit einem Riesenknochen daher, würde ich vielleicht meinem Hund zum Fressen geben – ob der Knochen denn vielleicht eher recht wäre, fragte er. Denn die Fleischreste dran seien noch warm. Lang lebe Mac Donalds und KFC !


April 2006

Eine neue kulinarische Mutprobe bestanden. Wer von uns kann sich noch an Plumpsklos erinnern ? Die Fäkaliengruben mussten mit Tankwagen geleert werden, und dabei roch es immer sehr typisch. Genau an dieses Kindheitserlebnis wurde ich schlagartig erinnert, als man mir eine „Spezialität“ in Shaoxing vorsetzte, eine berühmte Stadt in der Provinz Zhejiang, wo unter anderem ein bekannter Schnaps (ebenfalls reichlich genossen) herkommt. Pfui Teufel, und meine Reaktion erzeugte bei den Gastgebern einige Heiterkeit. Dagegen ist Stinktofu harmlos. Und Stinktofu gibt es überall in China, vor allem abends kann man ihn riechen, an Straßenständen, gebraten. Bei uns würde diese Spezialität unter das Emissionsschutzgesetz fallen. Stinktofu isst man zweckmäßigerweise beim Ausatmen. Die Pekinger rühmen sich übrigens, den stinkendsten Stinktofu zu haben.


Juli 2002

Neu auf der Speisekarte ist Gänsehirn. Der Gänsekopf wird der längs nach durchgeschnitten, und das Hirn holt man sich dann mit den Stäbchen raus. Na ja.


Februar 2003

Ein Arbeitsbesuch mit vorwiegend unangenehmen Themen. Läßt sich manchmal nicht vermeiden. Gebratene Entenembryos lassen sich offenbar auch nicht vermeiden. Neu auf der Speisekarte. Na ja.


Juli 2004

Eine übliche Arbeitsreise, vor allem Entwicklungsarbeit. Und auf meiner Speisekarte stand mal wieder der Giftfisch. Und weil ich diesen Bericht schreiben kann, ist zu ersehen, dass der Koch auch diesmal keinen Fehler gemacht hat. So besonders schmeckt der Fisch übrigens nicht. Die Chinesen grinsen: "is good for the man"


Oktober 2005

Das Fischkopfrestaurant

An jenem Tag war ich nicht besonders gut drauf, und da meinte mein Vertreter, er müsse mir was Gutes tun. Ob ich denn schon mal einen Fischkopf gegessen habe. Ich machte den Fehler, zu verneinen, denn alleine der Gedanke ließ mich schaudern. Von wegen, Fischköpfe seien eine große Spezialität, ich werde schon sehen. Nachdem bei mir bei chinesischen Gerichten Schlappmachen nicht gilt – außer beim Frühstück, da lehne ich schon mal die eine oder andere Hühnerkralle ab – fügte ich mich in das Unvermeidliche. Angekommen, mussten wir erst mal 15 Min, auf einen Tisch warten, so war das Restaurant überlaufen. Und dann gab es einen Riesenfischkopf, gut für 2 Personen, serviert auf einem Riesenteller. Muß ich jetzt gestehen, dass er mir geschmeckt hat ? Ok, die Knochen und Gräten muß man eben hinnehmen, aber das Fleisch war hervorragend. Vielleicht ist das ja eine Geschäftsidee, Fischköpfe nach China exportieren.


Juni 2005

Auch hat sich meine Speisekarte mal wieder erweitert. Gebratene Seidenraupen. Fingerdick, etwa einen halben Finger lang, leicht gesalzen. Mmmmm.


November 2002

Ich will den Lesern nicht ersparen, welche Mutproben in China gelegentlich zu bestehen sind – ich denke, ich habe einen neue persönliche eßtechnische Höchstleistung erreicht: angebrütete Hühnereier auszutzeln – knack machts, und der Embryo ist hin. Der Kunde hat mich mit reichlich Schnaps auf diese Prüfung vorbereitet.

Die Provinz Guangdong stellt mich auch immer wieder vor Prüfungen. Bei Schlangenfleisch zucke ich schon nicht mehr, Würmer von mir aus, Hundefleisch wenn’s denn sein muß. Aber das Frühstück ! Eines dieser Frühstücke bestand aus Schweinefett mit Knochen, dazu Hühnerkrallen zum Zutzeln, und einer Fischkopfsuppe. Da kann ich schon kaum hinsehen, wenn die Chinesen zutzeln und spucken – kein Kaffee weit und breit – und so spüre ich gelegentlich die Einsamkeit eines Ausländers in einer absolut fremden Umgebung. Da fängt man an, sich nach MacDonalds zu sehnen – dem (relativen) Tempel wahrer Eßkultur.


März 2000

Ein “Blutopfer”

Nachdem ich mich letztes Mal geweigert habe, mir Blut abnehmen zu lassen, habe ich mich nun in das Unvermeidliche gefügt und mir in einem Shanghaier Krankenhaus Blut abnehmen lassen. Und auch vor ein altertümliches Röntgengerät durfte ich mich stellen. Jetzt sind die Formalitäten erledigt, die zur Bedingung haben, daß ich eine chinesische Aufenthaltserlaubnis bekomme, samt Arbeitserlaubnis. Damit erspare ich mir in Zukunft die gesamten Visaformalitäten, und ich kann ein- und ausreisen, wann ich will (oder muß..).

Das Ergebnis wurde uns auch bereits zugeschickt: jetzt bin ich amtlich getestet “negativ” in allen möglichen gesundheitlichen Risiken (incl. AIDS...)


Juni 2003


Jetzt weiß ich, wie es ist, wenn man Kröten zu schlucken hat. Die gab es reichlich in Hunan. Sowohl im übertragenen Sinne als auch ganz leibhaftig.


Januar 2003

Reisen bildet. Immer wieder. Auch dieses Mal. Daß Kaninchenohren nicht besonders schmecken, hätte ich auch so geglaubt. Aber jetzt kann ich männliche Orangen von weiblichen Orangen unterscheiden. Und die weiblichen Orangen schmecken süßer, heißt es. Und künftig wird im Supermarkt aufgepaßt. (..wer den Unterschied wissen will, kann ihn gern bei mir erfragen).


Der Giftfisch

Der Koch hatte gute Arbeit geleistet, und so mußte meine Lebensversicherung nicht einspringen. Die Mutprobe, wie ich übrigens erst im Nachhinein erfuhr, bestand darin, einen äußerst giftigen Fisch zu essen. Der Koch muß Augen, Leber und Blut entfernen, dann nach der Zubereitung den Fisch selbst probieren. Das hat er hoffentlich auch getan.


Februar 2002

Pünktlich zum Valentinstag kamen die über das Internet bestellten Viagra-Tabletten an. 20 Stück für US $ 323,95 – aus den USA über Gibraltar. Die ich allesamt mit nach China nahm (...mit freundlicher Unterstützung meiner lieben Ehefrau...) Diese Pillen werden nun einem chinesischen Funktionär zu Glücksgefühlen verhelfen – und uns vielleicht zu weiteren Aufträgen.


November 1999

Ein Mittagessen in Liuhe bescherte mir mal wieder einen Aha-Effekt: Ein Fisch wurde uns auf dem Teller serviert, der nur vom Kopf abwärts gebraten und eßfertig zubereitet wurde. Der Kopf selbst und der Brustansatz war unversehrt. Der Fisch bewegte noch die Kiemen, und sein Maul schnappte noch. Und die Chinesen lachten. Ich habe zum ersten Mal meine Autorität als Präsident in Anspruch genommen und den Fisch zurückgehen lassen.

Ein paar Tage später gab es Vögel zum Mittagessen. Spatzengröße. Einen Teller voll.

Schildkrötenpanzer auszutzeln gehört inzwischen zu meinen vielen „Ehrenämtern“. Den bekommt nämlich der Ehrengast, und das bin in aller Regel ich. Die Chinesen wissen gar nicht, was sie mir da antun. Eine Gratwanderung.

Nicht daß die Leser glauben mögen, ich würde alles essen. Skorpione und Hundefleisch kann ich gerade noch herunterdrücken, aber bei Mäuseembryos hört auch bei mir der Spaß auf. Die gibt’s in Yunnan.


Oktober 2000

Rot-Grün-Weiss, so ging die Reihenfolge in meinem chinesischen Schnaps-Dreikampf in der Provinz Shanxi. Rot steht für Schlangenblut, „makes the man strong“. Daraufhin kippt man ein Glas Grün hinunter, das steht für die Galle von Schlangen. „Is good for the eyes“. Auf den bitteren Geschmack hin muss man dann noch zum Ausspülen ein Glas „Weiß-Schnaps“ trinken, einen Klaren. Dermaßen geläutert, und damit man nicht zu schnell die Contenance verliert, ist es angeraten, noch ein Glas Essig hinterher zu kippen. Das ist der Brauch in Shanxi, und vor allem an diesen Brauch mit dem Glas Essig halte ich mich immer, wenn es mit den Kunden in die Bütt geht. Da hält man tatsächlich länger durch.

Anstelle Schlangen kann man den Dreikampf auch mit Schildkröten als Basis variieren. Diese kommen dann in Form von Suppe auf den Tisch, und Schildkrötenpanzer zutzeln ist dann ein weiteres Highlight, welches man vor allem immer mir als Ausländer und Ehrengast angedeihen lässt..


Juli 2001

Neu auf meinem Speisezettel stehen seit dieser Reise: Nudeln mit Ameisen....(schmeckt nach nichts)


Wie man in Saigon über die Straße geht

Nicht wie bei uns, denn dann würde man nie auf die andere Straßenseite gelangen. Man sieht sich einem konstanten und nicht abreißenden Fluss an Mopeds ausgesetzt, der für immer und ewig an einem vorbeibraust. Eine Lücke wird sich nie auftun, in welcher man die Chance hat, unbehelligt die Straße zu überqueren. Man muss es also machen wie die Vietnamesen. Einfach hinein in den Fluss, vorsichtig und langsam, und vor allem für die Mopedfahrer berechenbar. Denn die werden um dich herumfahren, wenn sie deine Position berechnen können. Also keine hastigen und unberechenbaren Bewegungen bitte. Dann kommst du auch heil auf der anderen Seite an.

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